Freitag, 15. November 2013

Wie hat Tansania mich verändert?


  • Kapitalismuskritikerin war ich ja schon vor meinem Aufenthalt in Tansania. Mit eigenen Augen zu sehen, welche Folgen unser Konsumverhalten und die unterdrückende Wirtschaft der Industriestaaten auf andere Länder, Menschen und ihre Umwelt hat, lässt mich allerdings momentan täglich reflektieren, wie mein (Kauf)verhalten sich vielleicht negativ auf Menschen nicht nur in der südlichen Hemisphäre auswirken kann. Dass unser Wohlstand darauf beruht, dass viele, viele Menschen auf der Welt in Armut leben, war mir schon vorher bewusst. Menschen kennenzulernen, die in Armut leben, die ich dadurch mit zu verantworten habe, dass ich die westliche kapitalistische Gesellschaft mit meinem Konsum unterstütze, lässt mich mein Handeln noch mehr überdenken und ändern. Natürlich kann jede und jeder nur ein kleines bisschen dazu beitragen, aber jedes kleine bisschen ist besser, als das System weiter zu fördern und vielleicht schaffen wir es doch irgendwann in einer gerechteren Welt zu leben.
  • Mein komplettes Weltbild, meine Normen, also, das, was für mich „normal“ war, hat sich verschoben. Als Weiße unter schwarzen Menschen zu leben, lässt erahnen, wie sich people of colour in z.B. Deutschland fühlen; ist aber letztendlich doch überhaupt nicht damit zu vergleichen, weil ich als Weiße keinem Rassismus ausgesetzt bin, höchstens einer Andersbehandlung, bei der man schlecht von Diskriminierung sprechen kann, weil sie in den meisten Fällen auch noch positiv ausfällt oder zumindest oft so gemeint ist. Ich habe gemerkt, dass ich dort in erster Linie als Weiße gesehen werde und erst in zweiter Linie als Frau – aber dazu komme ich später noch. Mit Normenverschiebung meine ich, dass ich nach ein paar Tagen und Wochen nicht mehr als erstes am Äußeren eines Menschen seine Hautfarbe gesehen habe, sondern andere Merkmale. Das hat sich hier in Deutschland leider wieder geändert, trotzdem habe ich nicht mehr eine solche Distanz zu schwarzen Menschen im Alltag, wie sie sonst häufig automatisch aufgrund des Andersseins entsteht und sich in unserer heutigen Gesellschaft leider, glaube ich, kaum vermeiden lässt, weil sie uns ansozialisiert ist. Meine Normenwelt hat sich deshalb verschoben, weil mir klar geworden ist, dass für den Großteil der Menschheit der westliche Alltag, in dem wir leben, unser Reichtum, unsere Gesundheitsversorgung und Bildung eben nicht normal sind, sondern ein Privileg, das uns geschenkt wurde. Mein Horizont wurde buchstäblich erweitert, weil ich eine andere Kultur und Lebensweise kennengelernt habe und so ein vielfältigeres Bild der Welt habe.
  • Als Feministin war es für mich nicht so leicht anzusehen, dass es in Tansania noch klarere Rollenverteilungen zwischen Mann und Frau gibt und Stereotype noch viel fester als bei uns verankert und akzeptiert sind. Leider hatte ich die ganze Zeit dort fast ausschließlich mit Männern zu tun, sodass ich nicht oft mit Frauen Gespräche über solche Dinge hatte. Witzigerweise waren die beiden Akademikerinnen, die ich neben den Ärztinnen kennen gelernt habe, Studentinnen bzw. Masterabsolventinnen der Gender Studies in Dar Es Salaam und auch, wenn sie sich nicht als Feministinnen bezeichnet haben (ja, dieses Wort ist auch dort negativ konnotiert), haben sie durchaus feministische Meinungen vertreten und den hohen Bedarf an Gleichstellungspolitik und Aufklärung für Frauen über ihre Rechte in Tansania bestätigt. Das habe ich selbst bei vielen Gesprächen mit Männern erlebt, die der Meinung waren, Frauen sollten nicht arbeiten (Hausarbeit sei keine Arbeit, sondern Hobby/Freizeit), zumindest nicht, wenn sie verheiratet sind bzw. heiraten wollen; dass es normal sei seine Ehefrau zu schlagen (angeblich denkt sie sogar, der Mann liebe sie nicht, wenn sie nicht geschlagen würde) und dass die Kindererziehung natürlich Frauensache ist. Generell hat die Ehe dort einen sehr hohen Stellenwert. Eine verheiratete Frau hat eine viel höhere Position in der Gesellschaft als eine alleinstehende Frau. Theorien wie Queer Feminismus muss man gar nicht erst versuchen zu erklären – sogar hier in Deutschland können ja viele den Gedanken, dass es viel mehr Unterschiede zwischen Menschen, als zwischen Männern und Frauen gibt, nicht nachvollziehen... Ich hatte das Gefühl, dass ich selbst weitestgehend von diesen Rollenbildern ausgenommen war, eben weil ich zunächst als Europäerin (Mzungu) wahrgenommen wurde und erst in zweiter Linie als Frau. Die westliche Gesellschaft ist dort natürlich durch TV und Internet bekannt und somit auch klar, dass ich „anders“ bin als tansanische Frauen und somit auch leider andere „Rechte“ habe. Man sieht auch selten gemischte Gruppen von Frauen und Männern, sondern meist reine Männergruppen, Frauengruppen oder Pärchen/Familien. Abends sind ohnehin nur Männer auf der Straße (auf meine Frage warum, hat man mir geantwortet, sie müssten sich um die Zeit um Haushalt, Essen und Kinder kümmern). Auf Sansibar waren alle einheimischen Frauen fast ausnahmslos verhüllt – mindestens mit Kopftuch und Burka (langes Gewand), sehr häufig auch mit Ninja (Gesichtsbedeckung). Einheimische Frauen habe ich dort auch äußerst selten im Meer schwimmen sehen.
  • Ein Gespräch, dass mir ebenfalls gezeigt hat, dass meine Normalität für viele Menschen keine Realität ist, war das mit der Assistenzärztin Maryam, die erzählt hat, dass sie nach ihren A-Levels (Abitur) verheiratet wurde, dann zwei Kinder bekommen hat und erst danach ihr Medizinstudium fortsetzen konnte. Dass es eine Art von arranged marriage gibt, die nicht erzwungen und die eine starke Frau offen vertreten und verteidigen kann, war mir bis zu dem Zeitpunkt nicht klar. Maryam war sehr überzeugt davon, dass es so gut wie nur Vorzüge hat eine Partnerschaft ohne Gefühle zu starten (sie meinte, dass sie später natürlich auch Gefühle zwischen einander ausbilden) und dass es in ihrem Kulturkreis (ihre Vorfahren lebten in Indien und sie ist Muslima) keine Partnerschaften ohne Ehe gibt.
  • Religion spielt in Tansania eine wahnsinnig wichtige Rolle. Egal, ob Christentum, Islam oder Buddhismus – die Menschen in Tansania leben ihre Religion viel stärker aus als in Deutschland, der Alltag ist von ihr geprägt und beeinflusst die Menschen enorm. Die Musik ist von religiösen Motiven geprägt, man hört viel Gospel oder arabische Lieder, die Gesänge der muslimischen Gebete ertönen täglich mehrmals aus den Lautsprechern der Moscheen und sonntags finden sich die meisten Christen in ihren Kirchen ein. Auf Sansibar hatte ich ein Gespräch mit einem Healt Care Worker, der sich gerne keine Politik, sondern einen Religionsstaat gewünscht hätte. Bei genauerer Nachfrage, wie der Staat ohne Politik denn dann funktionieren soll, kam allerdings keine Antwort mehr. Ich denke es ist zum Teil auch dem arabischen Einfluss anzurechnen, dass es einen starken Antiamerikanismus in einigen gesellschaftlichen Bereichen gibt. Der Besuch Obamas hat das wohl zum Teil noch verschlechtert (siehe unten).
  • Anhand des religiösen Einflusses auf die tansanische Gesellschaft, kann man sich ausmalen, wie es mit der Toleranz von Homosexualität aussieht: Sie liegt so ungefähr bei Null. Ich hatte mehrere Gespräche über das Thema, u.a. mit dem Chefarzt der Chirurgie im AKH über die Legalisierung der Homo-Ehe, das er nach einer Unterhaltung über den demographischen Wandel mit dem Kommentar begonnen hat: „Well, I think in the future there will be no children anymore, since it is legal now for gays to marry“, was Leon, der andere deutsche Student auf Station, und ich schon als sehr absurde These empfanden. Die Diskussionen enden leider häufig bei dem Argument, dass es eben im Koran / in der Bibel stünde. Und über Glaube kann man leider schlecht diskutieren.
  • Obwohl ich in der Zeit meine politischen und sozialen Tätigkeiten leider halbswegs ruhen lassen musste (trotz Bundestagswahl...! L), habe ich dort erneut gemerkt, warum ich für eine bessere Gesellschaft kämpfe und dass sicher dieses Engagement auch lohnt. Ich habe viele tolle Projekte und NGOs kennen gelernt, die ich definitiv im Hinterkopf haben werde, wenn ich mal Mittel oder Engagement nach Tansania vermitteln kann oder mich selbst aktiv dort einbringen möchte. Unter anderem werde ich bei einer NGO, die ein Krankenhaus in Nungwi (eine Stadt im Norden Sansibars) bauen will, und bei der NGO ‚Embrance Zanzibar’ von Ally, die einige (Sport)Projekte auf Sansibar sowie ein Reisebüro in Stone Town unterhält, je nach Zeit und Energie mithelfen.
  • Ein großer Punkt ist natürlich, dass ich den Wohlstand, in den ich hier hineingeboren wurde, noch mehr schätzen kann und gemerkt habe, dass ich viele Dinge, die ich mir hier leiste bzw. geschenkt bekomme, nicht wirklich brauche und sie anderen Menschen auf der Welt eher schaden können. Kurz nach meiner Rückkehr bin ich ständig mit einem schlechten Gewissen durch die Stadt gelaufen und konnte den Luxus, den ich hier habe, überhaupt nicht genießen. Ich hatte oft Flashbacks, bei denen ich im Geiste das Frankfurter Stadtbild, mit dem von Dar Es Salaam oder anderen Städten in Tansania verglichen habe.
  • Der Name meiner Lieblingsstadt dort „Bagamoyo“ heißt übersetzt „Lege dein Herz nieder“ und obwohl diese Bedeutung eigentlich einen sehr negativen Aspekt hatte (siehe mein Post zu Bagamoyo unten), kann ich sagen, dass ich selbst einen Teil meines Herzens in Tansania gelassen habe. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt, meine Zeit wirklich genossen und weit mehr glückliche Momente gehabt als negative Erfahrungen. Ich werde mich auch in Zukunft mit diesem Land und seinen Menschen verbunden fühlen und auf jeden Fall zurückkehren.
  • Eines haben mir die drei Monate in Tansania aber auch gezeigt: Dass ich viele Freundinnen in Deutschland habe, die an mich denken, mich vermissen und darauf warten, dass ich zurückkomme. Die vielen lieben Nachrichten, die ich bekommen habe, haben mir viel bedeutet und mich sehr glücklich gemacht und ich bin unendlich froh so viele liebe Menschen zu kennen und so geschätzt und geliebt zu werden! Vielen Dank an meine Liebsten! <3

Last but not least form my English (or Kiswahili)-speaking rafiki (friends) in Tanzania:
Asante sana for the best time i had in my short live till now! I got to know so many nice people, had a hundred moments of joy and happiness and already miss you all a lot. I want to thank you for the great experience I had the privilege to enjoy – you all have been a big part oft hat and without you, my time would have been not as rewarding as it was! I learned much more for my life than I could ever learn in any university and I hope one day I can give you and your country back what you gave me in those three months!

Special thanks to:
  • Sidaz, Mufti, Abdul and the whole Baobab Studio in Bagamoyo
  • Kevin, Agatha and the surgery team at Aga Khan Hospital Dar Es Salaam with Mukasa, Jimmy, Maryam, Chemere, Jacinta, Patrick and Tarek for the help with my application
  • Ally, Alex, Daniel, Abdullah, Manduly, Lydia in Zanzibar and the ENT team of the Mnazi Mmoja Hospital with Dr Naufal, Dr Mwanana and Nassor!
  • Und natürlich Danke an meine Eltern, die mir eine unvergessliche Safari mit ihnen ermöglicht haben! Dicker Kuss!!

Donnerstag, 14. November 2013

Meine Gedanken zur Zukunft Tansanias

Durch mein Interesse für Politik habe ich seit meiner Ankunft in Tansania darüber nachgedacht, wie die Zukunft Tansanias aussehen könnte, welchen Weg dieses Entwicklungsland einschlagen wird.
Letztendlich sollte es in unserem Interesse sein, dass jeder Mensch auf der Welt den gleichen Wohlstand, zumindest eine gleich gute Gesundheits- und Altersversorgung sowie Bildung (eben das, was die westlichen Länder und Großmächte in der UN-Charta als Menschenrechte definiert haben) genießen kann. Es ist nicht möglich, dass alle Menschen der Welt unseren Lebensstil pflegen, da unsere Erde nicht genug Ressourcen beherbergt um diesen 'Wegwerf-Stil' und unser 'Luxusleben' zu ermöglichen. Meine Gedanken dort kreisten also vor allem darum, was ich als obligat für ein glückliches Leben erachte, was für mich wirklich wichtig ist und im Gegenzug, welche Dinge Luxus sind, auf den wir eigentlich verzichten können und sollten.

Tansanias Weg war steinig...

Ein Land, dass zunächst seiner stärksten und besten Männer, Frauen und Kinder beraubt wurde, die als Sklavinnen und Sklaven in die ganze Welt verschifft wurden, sofern sie die Tortur der "Reise" überlebten, wodurch Familien auseinander gerissen wurden und ganze Gegende ihre Arbeitskräfte verloren...
...ein Land, das dann lange Zeit von Arabern beherrscht wurde, die ihre Sprache, Kultur und Religion mit nach Ostafrika brachten und bis heute großen Einfluss und Macht haben...
...ein Land, das schließlich von Europäern (Deutschen und Briten) als Kolonialmacht beherrscht und ausgebeutet wurde, die ihre "Rasse" immer als die Überlegene ansahen, und die tausende Männer und Frauen ermordeten und in ihren Kriegen als Askari-Soldaten opferten...
...ein Land, das nun überrannt wird von ausländischen Firmen, deren Heimatländer weder Sklaverei noch Kolonialismus den Weg zu Industrieländern erschwerten und die nun Boden, Immobilien oder gar ganze Bergwerke und Inseln kaufen, sodass die Bewohnerinnen und Bewohner des Landes allerhöchstens als billige Arbeitskräfte oder wenigstens als Konsument*innen dienen sollen...
...ein solches Land hat keine Chance heute einen solchen Wohlstand zu genießen, wie wir ihn in Deutschland gewohnt sind. Uns muss klar sein, dass unser Wohlstand auf dem Leid und der Armut anderer gewachsen ist und immernoch wächst und dass es diesen Ländern nie so gut gehen wird wie uns, wenn wir diese Entwicklung weiter unterstützen.

Ich glaube die größten Baustellen in Tansania sind, wie wahrscheinlich in den meisten Entwicklungsländern: Bildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur (Straßen, Elektrizität, Müllentsorgung...)

BILDUNG

Da Tansanias Bevölkerung aus über 120 Tribes ('Stämmen') besteht, die erfreulicherweise teilweise noch ihre Kultur und Sprache pflegen, ist nicht gewährleistet, dass alle Tansanier*innen Kiswahili sprechen, geschweige denn Englisch. Dies betrifft natürlich weniger die Großstädte, wo sich Entwicklung, Bildung und Reichtum schneller kummulieren.
Wenn es nicht einmal selbstverständlich ist, dass allen Menschen durch die Schulbildung die Nationalsprache beigebracht wird, kann man sich vorstellen, wie es um die Allgemeinbildung steht.
Ein großer Haken am Schulsystem ist, dass die Primary School auf Kiswahili, die Secondary School jedoch komplett auf Englisch unterrichtet wird. Das bedeutet, dass Kinder, die in der Primary School nicht genügend Englisch gelernt haben, entweder gar nicht erst zur Secondary School zugelassen werden oder sie verstehen im Unterricht nicht viel. 
Das Schulgeld beträgt rund 30 000 TSh (ca. 15 €) pro Monat. Wer es nicht bezahlen kann, darf nicht zur Schule gehen.
Das krasseste Erlebnis, das ich in Sachen Bildung hatte, war der Besuch eines Massai-Dorfes auf dem Weg zum Ngorongoro-Krater mit meinen Eltern. Die Menschen dort leben ausschließlich von ihren Rindern und Ziegen und dem wenigen Geld, das Touristen ihnen für Massai-Schmuck und als Spenden da lassen. In diesem Dorf haben wir eine "Schule" (nursery school, also eher Kindergarten) besucht, die aus einem mit Stöcken abgesteckten Raum bestand, in dem ca. 15 schmutzige in zerissene Klamotten gekleidete Kindergartenkinder saßen und uns "Jambo" vorsangen. Die Kinder dort lernen Kiswahili und etwas Englisch und nur sehr wenige können später auf eine mehrere Kilometer entfernte Schule gehen, zu der sie dann jeden Tag laufen müssen.
Ein solches Leben schadet zwar der Umwelt und anderen Menschen nicht, so wie es unser Lebensstil tut (das kann leider niemand abstreiten), ist aber sicherlich in solcher Armut auch kein Weg zum Glücklichsein.
So denke ich also darüber nach, wie wir ein Leben führen können, das uns glücklich macht und in dem wir uns verwirklichen können und das trotzdem unserer Umwelt und anderen Menschen keinen Schaden zufügt.
Für Tansania ist es sicherlich nicht Ziel eine industrielle Entwicklung durchzumachen, wie die heutigen Industrieländer, da diese schließlich in unserem heutigen kapitalistischen System geendet ist und andere Länder mit hineingezogen hat. Tansania muss einen Weg heraus aus der Armut finden, der nicht im Kapitalismus endet, sondern alle Menschen am Reichtum des Landes teilhaben lässt und die Umwelt nachhaltig schützt.

GESUNDHEITSSYSTEM

Von Gesundheitsversorgung im westlichen Stil kann bei den Massai-Dörfern, wie wir eines besucht haben, keine Rede sein. Hier wird 'local medicine' angewandt, es gibt traditionelle Heiler und keine Kliniken; die Massai, mit denen wir gesprochen haben, glauben nicht an Schulmedizin.
Auch der starke Einfluss von Religion zeigt sich nicht immer hilfreich in Sachen Gesundheitsversorgung, wie mein Beispiel mit der Frau zeigt, die zunächst wochenlang gebetet hat, um ihre Unterschenkelfraktur zu heilen und sich erst danach der Operation unterzog, weil das Beten keine Linderung ergab.
Auf Sansibar gibt es ein großes Outreach Program, bei dem Ärztinnen, Ärzte, Schwestern, Pfleger und health care worker zusammen mit medizinischer Ausrüstung auf die Sansibar umgebenden Inseln und in die peripheren Städte außerhalb Stone Towns fahren. Dort werden Check Ups gemacht und die Bevölkerung wird, so gut es geht, mit Medikamenten, Brillen etc. versorgt.

Man kann sagen, dass die medizinische Versorgung in den Städten Tansanias natürlich nicht brilliant ist, so wie in Deutschland, aber sie ist einigermaßen ausreichend. Höchst mangelhaft und geradezu beunruhigend sieht die medizinische Versorgung hingegen auf dem Land aus.

Gedankensprung
Es ist wirklich erstaunlich, dass scheinbar doch die Bereitschaft zu helfen mit der Armut steigt. Ich habe hier häufig beobachtet, wie Bettlern oder Straßenkünstlern Geld gespendet wurde, viel häufiger als bei uns. Auch habe ich viele Menschen getroffen, die sich engagieren und "der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen", wobei ich diese Formulierung schwierig finde, da sie selbst oft nur wenig besitzten.
Andererseits scheinen höfliche Gesten, wie dem anderen den Vortritt zu lassen oder ein Stück weiterrücken, damit sich ein Pärchen nebeneinander setzen kann, eher selten zu sehen. Höflichkeit, zumindest so, wie wir sie definieren, ist wohl, so wie die Philosophie, ein Luxusgut.

INFRASTRUKTUR

Tansania hat definitiv ein Müll-Problem! Meistens wird der Müll einfach zusammengekehrt, in ein Erdloch geschüttet und angezündet. Dadurch gelangen bestimmt etliche Gifte in den Boden, in das Grundwasser und die Luft und vergiften somit nicht nur Menschen in der direkten Umgebung, die den beißenden Qualm einatmen, sondern auch die Lebensmittel, die im umgebenden Boden angebaut werden bzw. diese selbst als Nahrung nutzen, wie die Hühner und Ziegen. In den Städten gibt es private Müllentsorger, die gegen Bezahlung den Müll abholen und etwas weiter von der Stadt entfern sicherlich nicht viel anderes damit machen, als ihn einfach zu verbrennen.
Auf Sansibar sind glücklicherweise immerhin die schwarzen Plastiktüten verboten, die man bei jedem Einkauf doppelt und dreifach ausgehändigt bekommt. Auf den umgebenden Inseln, wie bspw. Tumbato, sieht es aber Müll-mäßig trotzdem furchtbar aus. Die Menschen dort leben noch viel traditioneller als auf Unguja (Hauptinsel Sansibars), bleiben aber leider von den importierten Plastikprodukten nicht verschont, für die es keine Müllentsorgung gibt.

Ein Mann im Aga Khan Hosiptal in Dar Es Salaam hat etwas gesagt, was sicherlich wahr ist: Es werden in Dar Es Salaam unglaublich viele Hochhäuser, v.a. Büros, Hotels und 'Luxuswohnungen' gebaut, überall sieht man Baustellen (viele von ausländischen Investoren). Leider besitzt die Stadt aber überhaupt nicht die dafür nötige Infrastruktur. Es gibt ohnehin schon jede Woche mindestens einen Stromausfall und der Verkehr ist in den Rush Hours nur Wahnsinn - zunächst müsste dafür gesorgt werden, dass alle Haushalte mit Strom und fließend Wasser ausgestattet, das Straßen- und Parksystem ausgebaut werden, bevor man riesige Prestigeobjekte in die Höhe zieht...

Zwar profitiert die Infrastrultur von dem blühenden Tourismus, vor allem auf Sansibar, jedoch fließt das Geld häufig gar nicht zu den Einwohner*innen der schönen Insel, sondern geht von dem europäischen Touristen zu der europäischen Hotelbesitzerin, vor allem mit All iclusive Hotels wird den umgebenen einheimischen Geschäften jegliche Chance genommen vom Tourismus zu profitieren. Bloß die Angestellten können vom Lohn profitieren, sie verlassen für den Job häufig ihre weit weg gelegene Heimat.

weitere Gedankenfetzen...
Arbeitsschutz wird in Tansania eher klein geschrieben und auch von Arbeitsrecht wollen wohl viele  Arbeitgeber nichts wissen. Informelle Arbeit, also beispielweise der Beruf des/der Straßenverkäufer*in, bringt die großen Nachteile mit sich, dass sie keine langfristige Sicherheit bieten somit keine Zukunftsplanung zulassen, keine Absicherung für das Alter ermöglichen und der Staat durch sie keine Steuern einnehmen kann. Jedoch ist es schwer sich zwischen einer selbstständigen informellen Arbeit und einer unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen aufgrund eines terrorisierenden Chefs / einer Chefin stattfindenden Festanstellung zu entscheiden

Erfreulicherweise habe ich in Tansania keinen so heftigen Rassismus wie in Südafrika miterleben müssen. Mir ist aber aufgefallen, dass sich häufig Inderinnen und Inder, die dort ebenfalls oft in einer Subkultur leben, gerne von Afrikaner*innen abgrenzen und sich, so war zumindest mein Gefühl, gerne 'besser fühlen' als ihre schwarzen Mitbürger*innen. Die "guten" Jobs in Tanzania haben auch meist indische oder arabische Menschen, woran man eine starke Bildungsungerechtigkeit erkennen kann. Ich hoffe, dass sich diese Schere - nicht nur zwischen Nichtafrikaner*innen und Afrikaner*innen, sonder generell zwischen Arm und Reich in der Zukunft schließt und nicht noch weiter öffnet.

Dienstag, 8. Oktober 2013

Wo die Sonne scheint, da ist auch Schatten...

Um das Bild meines Aufenthaltes in Tansania nicht zu verzerren, will ich euch hier auch ein paar Momente beschreiben, die nicht so toll waren. Trotzdem habe ich es keine Sekunde bereut den Schritt gewagt zu haben für knapp 3 Monate nach Tansania zu gehen, wie ihr in meinen beiden nächsten und wahrscheinlich letzten, aber umso wichtigeren Posts, erfahren werdet.

- an einem Tag in meiner zweiten Woche hier habe ich alle Bilder meiner Spiegelreflexkamera verloren, weil ich die SD-Karte in Agathas PC (zum Sichern...) gesteckt habe. Kurz davor hatte ich bemerkt, dass ich meine Lieblingshose in dem Hostel vergessen hatte, in dem ich am Wochenende war (habe sie glücklicherweise später zurück bekommen) und abends hatte sich eine Kakerlake in meinem Zimmer gemütlich gemacht!

- Ich wollte mit Manduly und Alex in der Gemeinschaftsküche meines Gästehauses Orojo kochen, Mandu wurde aber von dem Wächter aufgehalten und der Sohn des indischen Besitzers machte mich auf die Regel aufmerksam,  dass keine Gäste mit ins Haus gebracht werden dürfen (sonst Strafe 100 $!). Gegen Alex hatten sie allerdings nichts, er ist weiß und so offensichtlich kein 'local'.

- Mehrmalige Diskussionen über gleichgeschlechtliche Ehe: Obama hatte wohl bei seinem Besuch in Dar im Juli von Tansania eine liberalere Politik in Sachen Gleichstellung von Homosexuellen gefordert und ist damit auf große Kritik bei vielen Menschen gestoßen. Muslime argumentierten häufig mit dem Koran (die Bibel bietet vergleichbare Aussagen), der pakistanische Oberarzt hatte sogar biologistische Meinungen parat...

- An meinem letzten Abend in Dar sind wir ins "Trinity" gegangen,  5000 TSh Eintritt bezahlt, sind in einem Raum mit fast nur Weißen (Wazungu-Land!!) gelandet und die Band hat noch ganze 15 Min gespielt, bevor der Club ohnehin geschlossen hat... Wenn die einheimische Bevölkerung einem Ort in Ihrem eigenen Land fern bleibt, muss,  meiner Meinung nach, irgend etwas verkehrt sein...

- Schon in der ersten Nacht in der Serengeti sollen nachts Hyänen und Löwen in der Nähe unserer Zelte gewesen sein. Was mich aber in der zweiten Nacht mehr beunruhigt hat, war, dass mich, als ich vorm Zähneputzen mit meiner Taschenlampe in ein kleines Erdloch vor meinem Zelt geleuchtet hab, die Augen einer Spinne mit dicken behaarten Beinen angeglitzert haben...

"Serengeti shall not die"

Morgen geht's noch zum Lake Manyara, aber Samy, unser Guide, meinte schon an Tieren gibt es für uns nichts mehr Neues zu sehen - nur eben die schöne Landschaft und Elefanten, Giraffen und viele Paviane.
Was Tiere angeht hatten wir die letzten 6 Tage wirklich Glück: nicht nur die "Big 5" haben wir zu Gesicht bekommen, auch viele andere tolle Beobachtungen konnten wir mit unseren Kameras festhalten!

Gestartet haben wir unsere Safari im Arusha Nationalpark, wo wir viele Antilopenarten, Paviane, Zebras, riesige Giraffen und sogar die schönen schwarzweißen Kolobusaffen mit ihrem weißen buschigen Schwanz, die es nur dort gibt, entdeckt haben.

Im Tarangire Nationalpark  kamen noch Elefanten, weitere Antilopenarten, Gnus und sogar von weit weg eine Löwin und ein Gepard dazu.

Beim Lake Natron haben wir eine kleine Wanderung zu einem tollen Wasserfall gemacht, unter dem wir auch schwimmen waren und haben danach bei Sonnenuntergang Flamingos beobachtet.

In der Serengeti hatten wir dann tolle nahe Begegnungen mit Löwen und Geparden, teilweise während sie ihre gerade gejagte Beute verspeisten, und konnten außerdem Nilpferde, ein Krokodil, viele Geier, Adler, Marabus und Straußen sehen.

Im Ngorongoro Krater haben wir dann auch eines der wenigen vom Aussterben bedrohten schwarzen Nashörner von weitem beobachten können und somit alle Big 5 auf unserer Liste abhaken können :)


Montag, 30. September 2013

Good Bye Unguja - Karibu Arusha

Heute ist mein letzter Tag in Sansibar und genau wie bei meinem Abschied von Dar schaue ich mit einem weinenden und einem lachendem Auge auf unsere Safari, die wir morgen mit unserem Flug nach Arusha starten!

In den letzten Tagen habe ich hier nochmal viel erlebt:

Natuerlich habe ich noch einige Abende am Forothani Night Market verbracht und verschiedene Leckereien probiert. Die Jackfruit-Season hat gerade begonnen und ich bin ein grosser Fan dieser riesigen Fruechte mit harzigem Inhalt geworden, deren Fruchtfleisch man nur essen kann, wenn man es mit oeligen Haenden herausschaelt. 


Auf der Full Moon Party in Kendwa habe ich viele bekannte Gesichter wieder getroffen und auf Bongoflava, HipHop und Chartmusik am Strand unter Sternenhimmel getanzt.



Geschlafen habe ich in Nungwi bei Lydia, die dort ein Bildungszentrum gegruendet hat und Englisch- sowie Deutschunterricht gibt. Bei ihr arbeiten auch einige Freiwillige aus verschiedenen Laendern Europas. Auf dem Bild rechts sieht man einen Massai, der gerade Kiswahili lernt und links die Welpen, in die ich mich natuerlich gleich verliebt habe :)

Auch das ist ein typisches Bild hier: Muel, Muell, Muell :(


Letzte Woche habe ich ausserdem bei einer Outreach clinic in einer Schule/Kindergarten in Stone Town teilgenommen, bei der den Kindern beigebracht wurde ihre Ohren nicht mit Wattestaebchen zu putze, da sie dadurch ihre Ohren mit Wachs verstopfen ;) Ein hauefiges Problem hier, wie auch ich bei der Untersuchung etlicher Kinderohren feststellen musste :) Die Kinder mit wax impaction sollten eine Woche lang clear wax-Ohrentropfen benutzen und kamen dann zur ear syringe (die Ohren wurden mit einer Wasserspritze gereinigt) ins Mnazi Mmoja Hospital.


 Am Freitag hab ich mich vom ENT (ear, nose & throat = HNO)-Team verabschiedet. Meine Eltern hatten einige Brillen und Handschuhe mitgebracht, die ich an das ZOP (Zanzibar Outreach Programme) gespendet hab, ausserdem habe ich den Schwestern und Aerztinnen Schmuck mitgebracht, den meine Omas mitgegeben haben und ueber den sie sich sehr gefreut haben.


Das letzte Wochenende habe ich mit meinen Eltern in Jambiani verbracht. Wir haben am Donnerstag zusammen eine Stadtfuehrung durch Zanzibar Town gemacht, haben uns am Freitag den Jozani Forest angeschaut, wo wir schon einigen Affen begegnet sind und am Samstag waren wir tauchen. Wir haben Langusten, Tintenfische, Seeschlangen, Blattfische und natuerliche Krokodil- und Rotfeuerfische gesehen. Am Sonntag haben wir das Delphinschwimmen in Kizimkazi gebucht, wozu wir um 6 Uhr morgens abgeholt wurden und mit etlichen anderen Booten immer wieder darauf gewartet haben, dass die Delphine auftauchen, um dann ins Wasser zu springen und ihnen nachzuschwimmen/tauchen. Es war zwar hektischer als ich es mir vorgestellt hatte, aber trotztdem eine tolle Erfahrung diesen wunderschoenen Tieren mal so nah zu sein!
Nach dem Delphinschwimmen gabs Fruehstueck am Meer
Baobab - mein Lieblingsbaum




Und hier meine letzten Eindruecke von Sansibar:
ok, ich gebs zu, bis ganz nach oben hab ich's nicht geschafft ;)

diese Haueser wurden von der damals befreundeten DDR mit gebaut


Montag, 23. September 2013

Beautiful Zanzibar

Meine Zeit auf Sansibar ist schon wieder zur Hälfte rum und ich hab noch nichts von meinen Eindrücken hier hören lassen - das muss ich schnell nachholen:


Meinen ersten Abend habe ich mit Leon im Livingstone Club (einem
Restaurant/Bar am Strand) vferbracht, wo die Jazz-Konzerte des Jahazi-Festivals statt gefunden haben. Tolle Livebands in schöner Atmosphäre!

Am zweiten Tag habe ich mich mit Daniel getroffen, der mir Alex (einen US-Amerikaner, der seit 3 Jahren Swahili studiert und hier ein Jahr lang Sprachkurs macht) und Ally (auf Sansibar geboren, in England und Kanada studiert) vorgestellt hat, mit denen wir später Pool-spielen und in Allys Haus lecker essen gegangen sind.

Dann fing meine Famulatur im Mnazi Moja Hospital an: im ENT-Department (HNO) lerne ich wirklich viel (zB Ohren, Nase, Schilddrüse untersuchen) und die Ärzt*innen sind sehr nett.
Mittlerweile habe ich auch mal bei einer Thyreodektomie und bei mehreren Adenoid-Tonsillektomien zuschauen dürfen.
Die letzten beiden Wochen fand eine Fortbildung für Health Care Workers aus verschiedenen Dörfern in Unguja (Hauptinsel Sansibars), und von den Inseln Tumbato, Uzi und Pemba statt. Es gab jeden Tag einen Vortrag und praktische Übungen am Patienten .War viel Wiederholung für mich, da es vor allem um Basics ging, ich habe aber sicherlich auch einiges gelernt.
An meinem zweiten Wochenende bin ich samstags mit zur Outreach clinic nach Tumbato, einer nahgelegenen Insel im Nordwesten von Unguja, gefahren. Wir haben zwei Busse mit medizinischem Personal und
Equipment bzw. ab Mkokotoni dann ein altes Holzboot vollgepackt und sind losgetuckert - Leider nur bis ein paar hundert Meter vor der Küste Tumbatos, da die Ebbe nicht mehr zuließ. Also sind wir den Rest durchs Wasser gestapft und würden schließlich herzlich von den Inselbewohner*innen empfangen. Es gibt keinen Arzt/keine Ärztin und keinen Tourismus auf Tumbato. Die Menschen leben dort sehr traditionell und in eher armen Verhältnissen.
Sogar Zanzibarians meiden die Insel, weil dort Geister vermutete werden bzw. es einige Mysterien über die wunderschöne Insel gibt.
Die Outreach clinic fand in einer Schule statt. Dort wurden die Pat. je nach Beschwerden auf die verschiedenen "Departments" verteilt. Ich habe mit geholfen die Sehtests zu machen, bei der pressure & Diabetes-Station Blutdruck und Blutzucker gemessen und später in der "Apotheke" die verschriebenen Medikamente auszugeben.
Es war auf jeden Fall sehr interessant zu sehen, wie die Peripherie Sansibars außerhalb von Stone Town medizinisch versorgt wird. Vergleichbar mit einem Gesundheitssystem in Deutschland, wo wir uns über "Landärztemangel" beklagen, ist das natürlich bei weitem nicht.

In meiner ersten Woche habe ich mir außerdem ein Henna-Tattoo malen lassen, war mit Alex und Ally einige Male beim Carpoeira bzw. Kickboxen
(Ally ist Carpoeira-Lehrer) und hab allerlei sansibarische Leckereien auf dem Forodhani night market und von den beiden housegirls, die neben mir wohnen kosten können. Meine Favoriten sind Orojo (Suppe mit Kartoffeln, Salat und Pili pili), Zanzibar-Pizza und ... Sugarcan Juice aus Zuckerrohr, Zitrone und Ingwer ist wirklich köstlich und ich bin noch immer dabei mich durch alle Früchte durchzuprobieren :)

Ich war außerdem mit
 Alex in Nungwi, wo wir uns das Schildkrötenbecken angeschaut und Lydia, eine Freundin von Anna besucht haben. Abends haben wir bei Cholos im Sand während des
Sonnenunterganges zu Abend gegessen - wunderschöner Strand!

Am zweiten Wochenende war in Jambiani Manduly, einen Freund von Sidaz und Anna, und das Water Sport Festival besuchen.
Auf dem Weg habe ich noch das kleine Butterfly Center besucht.
Am Samstag hatten wir auf dem Festival eine Carpoeira-Show, bei der auch ich mit machen sollte, was echt Spaß gemacht hat!
Für den Sonntag habe ich mit Rebecca, Luisa, Tim, Sira und Anwar einen kleinen  geplant. Wir sind mit einer kleinen traditionellen Dhow (Segelschiff  Holz) raus gefahren und haben viele Seesterne und ich sogar 3 Feuerfische, einen Krokodilfisch und Clownfische (Nemo!) gesehen.

Ansonsten war ich in Stone Town etwas bummeln, mit den anderen (englischen und deutschen) Medizinstudentinnen was essen, am Strand liegen, mit Alex & Ally Shisha rauchen oder vom Maru Maru-Hotel aus den Sonnenuntergang beobachten.
Mehrmals pro Woche gehe ich zum Carpoeira/Kickboxen und auf den Nachtmarkt Forodhani.

Letztes Wochenende war meine Erkältung endlich und konnte auf die Fullmoon Party in Kendwa gehen, bei man wirklich und jede wieder trifft ;)
Und ich war von Nungwi aus am Mnemba Atoll tauchen und habe meinen ersten Riffhai unter Wasser gesehen!

Mittwoch, 4. September 2013

Mein Leben in Dar - einige Anektdoten und Momentaufnahmen

Dars Straßen sind nicht immer einfach befahrbar
  • Der Verkehr ist in Dar zur Rush Hour noch schlimmer als in Kapstadt, wahrscheinlich vergleichbar mit Kairo oder anderen ähnlich großen Städten. Die Ampeln beachten die vielen Autos (unglaublich viele Trucks, SUVs etc.), Taxis, LKWs, Bajaji (wie indische Tuk tuks), Motorradfahrer (Piki piki) und vor allem die Dala dalas (Minibusse = public transport) genauso wenig wie alle anderen Regeln der Strassenverkehrsordnung. So stehen relativ häufig Polizist*innen an den Kreuzungen, um den Verkehr zu regeln, der sonst einer einzigen Anarchie gleicht. Vor allem Dala dalas fahren frei nach dem Motto, wer zuerst kommt, hat Recht und bremsen deshalb erst in allereletzter Sekunde. Dafür ist eine Fahrt mit dem Dala dala innerhalb Dars auch spottbillig (400 TSh = 20 Cent).
  • In Tanzania ticken die Uhren anders: Die Zeitzählung faengt mit Sonnenaufgang, also um 6 Uhr an, d.h. saa tatu (3) asubuhi ist 9 Uhr morgens nach unserer Zeitzählung. Diese tansanische Zeitzählung findet man auf wenigen Uhren im Aga Khan Hospital und auch Sidaz'  und Agathas Uhren zeigen ab und zu die tansanische Zeit an.
  • Wenn man dem City Center entflieht und in Richtung der Halbinsel Msasani einige Taximinuten in nördlicher Richtung ankommt, befindet man sich in einer anderen Welt, denn hier stehen nicht nur die mit hohen Mauer umzäunten Botschaftshäuser, sondern auch die umzäunten Wohngegenden und Villen der Wohlhabenderen und Reicheren von Dar. Hier finden die Gespräche in den Pubs und Bars häufig in einem Mix aus Swahili und Englisch statt und der Kleidungsstil gleicht dem Unseren. In Msasani findet man auch den Strand Oyster Bay mit der Bar "Coco Beach", wo man bei einer Coke am Strand chillen kann. Auch hier bieten Strandverkäufer*innen Chips, Schmuck, Sonnenbrillen, Süßes uvm. an. An den Stränden in und um Dar sieht man meistens große Schwimmreifen, da viele Tansanier*innen nicht schwimmen können. Und so wird man als Mzungu auch des Öfteren gefragt, ob man dem/derjenigen nicht Schwimmen beibringen könne (ein Paradies für Anny ;)).
  • Da bei uns im Hof morgens und mittags Essen gebraten/kocht und verkauft wird, schwirren immer hunderte Fliegen herum und auch Ratten kann man fast jeden Abend beim Hochklettern an Häuserwänden beobachten. Auch an die Spinnen im Plumpsklo, der "Dusche" und meinem Zimmer hab ich mich gewöhnt. Nur mit den Kakerlaken konnte ich bis jetzt noch keine Freundschaft schließen. Vor allem nachdem Agatha beim Putzen eine (tote) unter meinem Bett hervorgeholt hat und mich gerne nachts auf dem Klo erschrecken...! Zu meinen weiteren Haustieren konnte ich außerdem ab und zu Eidechsen und eine Maus, die mein Brot angeknabbert hat, zählen
  • Es gibt zwar auch eine Mall in Mwenge nach westlichem Vorbild, die afrikanische Version eines Einkaufszentrums ist aber eher der Markt in Kariakoo. Hier finden sich Strassenweise offene Geschäfte, die alles anbieten, von Elektrogeräten über Matratzen bis hin zu Drogerieartikeln und Lebensmitteln. Auch hier dürfen die Strassenverkaeufer natürlich nicht fehlen. Allerdings sollen hier auch vermehrt Handtaschendiebe unterwegs sein. Ausserdem ist es eine grosse Haltestelle der Dala dalas.
  • Auch in Mwenge gibt es einen Markt, der vor allem nachts zum Leben erwacht, wenn die Verkäufer ihre Waren (Schuhe, Klamotten) auf Decken oder Wagen (Drogerieartikel und Obst) mit Lampen ausleuchten und lauthals den Preis des Angebotenen kundgeben.
  • Müll wird abseits des City Centers einfach auf einem Haufen verbrannt. Unser Müll wurde wohl abgeholt - es gibt anscheinend private und öffentliche Müllunternehmen - so ganz habe ich das System nicht verstanden. Am Ende wird der Müll wahrscheinlich auch wieder nur irgendwo verbrannt...
  • Obwohl Flaschenpfand nur auf GGlasflaschen gibt, sieht man häufig Plastikflaschensammler*innen. Wahrscheinlich können sie diese irgendwo weiter verkaufen. 
  • Es ist nicht nur üblich, dass bei Krankheit häufig zunächst traditionelle Medizin genommen wird, auch der starke Glaube vieler Menschen bringt die Patienten dazu, (neben finanziellen Gründen) oft erst spät eine Klinik aufzusuchen. Wir haben beispielsweise die Knöchelfraktur einer Dame operiert, die zunächst versucht hat durch Gebete geheilt zu werden.
  • Das Handy ist hier, wie bei uns, ständiger Begleiter und ohne ein modernes Leben kaum möglich. Hier wird auch Geld mit dem Handy überwiesen, Strom gekauft und natürlich soziale Kontakte gepflegt. Dafür kauft man einfach Airtime (Kredit) fürs Handy oder den PC, was recht günstig ist.
  • Ca. einmal die Woche gibt es einen Stromausfall, der meist ein paar Stunden dauert. Dann heißt es wieder überall "Nimesikia Tenesco" (ich hasse Tenesco = der Stromkonzern, der Tansania mit Strom versorgt) bzw. "Welcome to Africa" ;) besonders ecklig ist es allerdings, wenn bei Stromausfall durch eine Straße mit Geschäften läuft, weil dann überall die lauten und stinkenden Dieselgeneratoren laufen.
  • Kiswahili ist die Nationalsprache in Tanzania und viele Menschen können die Sprache ihres Stammes nicht mehr sprechen bzw. geben sie nicht mehr an ihre Kinder weiter. Es ist in Dar auch nicht so selbstverständlich, dass alle Englisch können, die Schulbildung sorgt leider nicht für die besten Sprachkenntnisse.
  • In Dar leben viele Menschen indischen Ursprungs, teilweise schon seit vielen Generationen. Ihre Sprache und Kultur haben die meisten Familien allerdings trotzdem erhalten und auch den gesellschaftlichen Stand: Indische und arabische Afrikaner*innen haben meist die besseren Jobs in Dar.
  • Das Nightlife in Dar kann sich sehen lassen: es gibt viele Bars und Clubs und es ist auch meist gute Stimmung und alle tanzen :)
  • In Tansania ist es üblich frisches,  auf dem Markt gekauftes Gemüse zu kochen, anstatt Fertigprodukte im Supermarkt zu kaufen. Von denen gibt es ohnehin nur wenige in Dar.
  • Die verschiedenen Biermarken haben hier so coole Namen wie Safari, Kilimanjaro, Ndovu (Elefant) und . Über den Geschmack kann ich euch nix sagen - das darf dann mein Papa ausprobieren :)
  • Den größeren Stellenwert von Familie in Tansania bemerkt man auch daran, dass man sich hier als 'Dada' (Schwester) oder 'Kaka' (Schwester) bzw. Baba/Mama und Bibi (Oma)/Babu (Opa) anspricht, egal ob auf der Strasse oder den/die Kellner*in im Restaurant. 

Meine schönsten Momente in Tanganyka


- in Dars Clubs auf Bongoflava und HipHop die Hüften schwingen und Komplimente (von Mädels) fürs Tanzen bekommen -

- am verlassenen Strand in Bagamoyo entlang laufen, den Wellen lauschen, die Sonnenstrahlen kitzeln auf der Nase und nur den Fischern und Krabben bei ihrer Arbeit zuschauen -

- mit Agatha in der Küche stehen und ihr dabei helfen eine ihrer Köstlichkeiten
Agatha kocht Ugali
zubereiten -

- mit Rebecca, Sira und Leon bei Kerzenlicht gemeinsam an einem schönen Abend Agathas Festmahl verspeisen -

- bei einer Probestunde von Muftis Tanzgruppe mitmachen, eine Choreografie traditionell afrikanischen Tanz lernen und ihnen ein paar Modern- und Lateinamerikanische Schritte beibringen -

- im Village Museum bei einem Spaziergang mit Daniel durchs 'wet land' Meerkatzen entdecken und von einer Tänzerin afrikanischen Tanz beigebracht bekommen -

- mit Mukasa, Maryam, Jimmy und den anderen Ärzt*innen im On-Call-Zimmer chillen und über Allah und die Welt unterhalten oder von Maryam erfahren, dass ihre Ehe arrangiert war und sie das durchaus als das bessere System sehen würde -


- mit Dr Njau als erste Assistenz bei einer Mastektomie operieren und nach dem Zunähen vom Anästhesisten "she got a surgeon's hands" zu hören (tollstes Kompliment seit langem ;)) -
laparoskopische Cholezystektmie

- auf dem Kisutu Market frisches Gemüse und Ugali bei dem Verkäufer, der mich schon kennt, ergattern, was ich danach mit Agatha koche und verspeise -

- weil das Gas aus ist, mit Agatha über dem offenen Feuer frische leckere Chapati braten -

- mit Agathas Sohn Daniel Seilspringen,  er zählt auf Englisch mit und ich auf Kiswahili -
Agathas Jüngster: Daniel

- in Bagamoyo erst auf dem Markt einkaufen, dann mit Mufti und den Jungs aus seiner Band bei ihm zuhause oder mit Margie im Garten des Baobab-Studios kochen -

- mit Sidaz spontan abends ins Meer springen und durch die Wellen kraulen -

- im Büro des TV-Senders, bei dem Sidaz arbeitet, spontan ein Radiointerview führen :D -
mein erstes Radiointerview ;)

- im Club einen Song auf Swahili mitsingen können, weil ich ihn schon so oft gehört hab :) -

- mit Agatha in ihren Sportclub zum Aerobic zu gehen und endlich mal wieder Sport zu machen (gemeinsam mit ca. 15 anderen indischen und afrikanischen Mädchen und Frauen, von denen ich wohl die schlankeste war ^^) -

- im Baobab-Studio in Bagamoyo zuschauen und zuhören, wie ein neuer Song produziert wird (und bei einem Song im Background mitsingen) -

- bei Pili in Bagamoyo einen Kitenge (afrikanischen Stoff) abgeben und 6 Stunden später ein maßgeschneidertes schönes Kleid abholen! (Für umgerechnet 5 + 4 €!) -

- einen wunderschön von Sidaz' Schwester auf traditionelle Weise (weil Stromausfall...) gebackenen und
verzierten Kuchen an meinem letzten Tag zusammen mit den Ärzt*innen verspeisen -

Baobab-Spider
- die größte Spinne, die ich je gesehen habe, im Garten des Baobab-Studios als Haustier akzeptieren und seitdem keine Angst mehr vor Spinnen zu haben. (Hätte bei der Expositionstherapie trotzdem gerne Anna-Lena dabei gehabt ;)) -

- nachdem ich in der Milimani-Mall nicht fündig geworden bin auf dem Markt in Mwenge günstige und schöne gebrauchte Ballerinas in meiner Größe finden (fairtrade ;)) -

- durch Bagamoyo laufen und von sechs auf mich zu stürmenden 'mzungu, mzungu'-rufenden kleinen Kindern umkreist werden, die einen alle umarmen wollen -

- bei einem Rap Freestyle Kontest den Beats & Rhymes der lokalen und landesweiten Hiphop-Stars lauschen -