Montag, 19. August 2013

Mein Alltag bei Agatha

5:00 Uhr - Weckruf durch das Morgengebet der benachbarten Moschee
7:00 Uhr (saa moja 1) - Agatha klopft an meine Tuer und mein Wecker klingelt: Der Morgen beginnt mit einer warmen
"Dusche" aus dem Eimer. Dazu wickel ich mir meinen Kanga (afrikanisches Tuch) um und gehe zwei Schritte ueber den Hof - kurzes "Habari za asubuhi?" an Saidi und Ibrahim gerichtet, bevor ich kurz checke, ob sich eine Kakerlake oder neue Spinne in der Dusche versteckt hat und mich dann wasche.
Zum Fruehstueck gibts Chapati und Chai, den Saidi und Ibrahim jeden Morgen zusammen mit nyama etc. im Hof verkaufen, oder das Abendessen von gestern (Agatha hat keinen Kuehlschrank).
7:51 Uhr - (wie immer fast zu spaet) stehe ich auf der Strasse und warte auf den Staff-Bus. Langsam haben die meisten gecheckt, dass jetzt ein Mzungu hier wohnt und ich keine Touristin bin :)
8:20 Uhr - Der Bus hat sich erfolgreich durch den furchtbaren Dar-Verkehr gekaempft und laesst uns am Aga Khan Hospital (direkt an der Kueste) raus. Die Interns bereiten die Visite vor und Leon (der andere deutsche Famulant) und ich schauen zu.
9:00 Uhr (saa tatu 3) - Ab jetzt trudeln irgendwann in der naechsten Stunde die verschiedenen Consultants (orthopedics, surgery, ENT(ear, nose, throat)) ein und die ward rounds (Visiten) beginnen. Danach gehe ich mit in den OP, die clinic (Ambulanz) oder chille auf Station rum - viel zu tun gibt es meistens nicht. Aber ich sehe einiges und lerne jeden Tag ein bisschen was, weil die Consultants meist ganz gerne erklaeren und Fragen stellen. Manhmal werden wir in die Radiologie geschickt, wo uns der Radiologe in pakistani-
english Fragen stellt und einiges erklaert. In der Ambulanz gibt es einen minor theatre, in dem kleinere Eingriffe, wie Abszessspaltung usw. vorgenommen werden - dort koennen wir manchmal assistieren.
13:15 Uhr - Lunch Time: Natuerlich wird mit den Haenden gegessen (ausser man bringt ihren eigenen Loeffel mit) und man muss aufpassen, dass die lauernden Raben und Katzen nicht das Essen vom Teller wegschnappen, weil wir draussen essen.
Danach gehts wieder auf die Station (Verbandswechsel, Faeden ziehen, bei einer Aszitespunktion assistieren), manchmal in den OP (Haken halten etc.) oder in die clinic.
16:30 Uhr In den Staff Bus springen, der einen durch die nachmittagliche Rushhour wieder in die Stadt bringt.
Die Sonne geht in zwei Stunden unter: Entweder ich lerne noch etwas Swahili und koche zusammen mit Agatha frisches beim Kisutu-Markt eingekauftes Gemuese oder treffe mich mit Freunden. Ca. alle 10 Tage setze ich mich mit Agatha in den Hof und wasche meine Waesche (von Hand versteht sich). Manchmal nutze ich Agathas PC in ihrem kleinen 'Stationery'-Copyshop, um einen Blogeintrag zu verfassen, wie jetzt gerade =)

Abends gibts dann lecker tansanisches Essen von Agatha und zum Nachtisch Papaya, Wassermelone o.ae. oder ich esse unterwegs in den guenstigen Restaurants oder an einem Strassenstand zu Abend.

Am Wochenende gehe ich mit Kevin (hat Rebe beim Auslandssemester in Durban kennengelernt) in Msasani oder Posta feiern. In den Clubs tanzen selbstverstaendlich alle und zwar auf Reggeaton, Bongoflava und Hiphop, was mir natuerlich gut gefaellt =)

Oder ich fahre nach Bagamoyo, um dort der Grossstadt zu entfliehen und am Strand zu chillen bzw. einfach ziellos mit Sidaz und Mufti durch die Strassen zu laufen, zu kochen, essen, feiern und tanzen.
Letztes Wochenende war ich im Village Museum, das die traditionellen Huetten einige der ueber 120 verschiedenen Tribes in Tansania und eine Tanzshow mit Trommelmusik zeigt, bei der Daniel (Freund aus Berlin) und ich mitmachen konnten: Daniel hat mitgetrommelt und ich mitgetanzt ;)
Am Sonntag waren Leon, Kevin, Sidaz und ich auf der wunderschoenen Insel Bongoyo, zu der wir mit dem Boot von der Slipway-Shoppingmall in Msasani gefahren sind. Am paradiesischen Strand haben wir uns gesonnt, sind geschwommen, von den Felsen ins
Meer gesprungen und haben Fish & Chips (bzw. fuer mich Saladi ;)) gegessen. Auf dem Rueckweg konnten wir einen superschoenen Sonnenuntergang vom Boot aus beobachten.

Donnerstag, 15. August 2013

Aga Khan Hospital Dar Es Salaam

Da das Aga Khan Hospital ein privates Krankenhaus ist, und man entweder versichert sein muss oder cash zahlt (eine Nacht auf Station kostet im Schnitt 200 Dollar), findet sich hier nur eine selektierte Patient*innengruppe, unter denen viele Inder*innen und Araber*innen sind. Die Bezahlung der Aerzt*innen soll allerdings eher schlechter sein als im staatlichen Krankenhaus. Die Interns (zwischen PJler*in und Assistenzarzt/aerztin) verdienen nur ca. 500 Dollar im Monat (!). Da es in Pakistan eine Aga Khan Medical School gibt, sind besonders viele Consultants (Oberaerzte) pakistanischer Herkunft.

OP
In den OP (theatre) kommt man einfach durch ein Umkleidezimmer mit XXL-Scrubs, die Haube und den Mundschutz holt man sich im Raum vorm OP-Saal. Dieser sieht bei weitem nicht so steril aus, wie die OP-Saele, die ich aus Deutschland kenne, haben dafuer einige Geraetschaften (Anaesthesiewagen, Endoskopiegeraet) von deutschen Firmen :). Die OP-Schwestern und -Pfleger sind bei weitem nicht so penibel auf Sterilitaet bedacht, wie das unser (teilweise Aggro-) OP-Personal manchmal ist ;)
Die OP-Tuecher werden wie die OP-Kittel im Autoklav sterilisiert und mehrmals verwendet. Es kommt ab und zu mal vor, dass bestimmte Schrauben o.ae. nicht verfuegbar ist - dann wird improvisiert.
Die OP-Techniken sind aber meist so wie ich sie auch aus Deutschland kenne.

Visite
Die Visite lauft aehnlich wie bei uns ab. Die Sprache der Aerzt*innen ist Englisch - die Interns und Registras reden aber auch oft Swahili miteinander. Auf unserer chirurgischen Station liegen Patient*innen aus der Orthopaedie, Allgemeinchirurgie und HNO. Sobald der dazugehoerige Oberarzt da ist, geht die Visite los und die Interns notieren alle Anordungen des Consultants im Stationsbuch, um sie spaeter auszufuehren und in die Pat.-Akte zu uebertragen. Bei der Visite ist immer ein*e Pharmakolog*in dabei, finde ich echt sinnvoll - sollte man in Deutschland auch einfuehren :) Die Medikamenten-Anordnungen werden in ein Intranet eingetippt. Auch die radiologischen Befunde lassen sich am PC aufrufen. Entlassungsformulare etc. werden aber noch komplett per Hand geschrieben.

Einer der groessten Unterschiede ist, wie wenig die Pat. aufgeklaert werden. Im buerokratischen Deutschland erfolgt die Aufklaerung ja relativ ausfuehrlich mit allen moeglichen Risiken und Nebenwirkungen des Eingriffes und mit einem extra Aufklaerungsformular. Hier wird nur kurz erklaert was gemacht wird und es wird ein fuer alle Eingriffe einheitliches Formular unterschrieben. Der Consultant hat z.B. schon mehrfach Pat. geantwortet bei einer Cholezystektomie gebe es keine Risiken und side effects...

Ausserdem habe ich das Gefuehl, der Arztberuf ist hier nicht mit so einem riesigen Prestige belegt, wie in Deutschland, wo sich einige Aerzte immernoch als "Halbgoetter in weiss" sehen. Hier empfinde ich Aerzte einfach als Menschen, die ihrem Beruf nachgehen, man ist direkt mit ihnen auf einer Ebene, weil sie nicht so abgehoben sind und trotzdem zeigen die Patient*innen viel Dankbarkeit fuer die Hilfe der Aerzt*innen.

Die Patient*innen warten hier, wie schon befuerchtet, meist aus finanziellen Gruenden, laenger bis sie das Krankenhaus aufsuchen, weshalb hier ausgepraegtere Erkrankungen zu sehen sind. Ein anderer Grund kann sein, dass Pat. zunaechst erhoffe ihre Krankheit werde durch spirituelle Kraefte geheilt - sie beten, der Knochen moege von alleine zusammenwachsen oder suchen alternative Heiler auf.

Was ich ganz praktisch finde: Es gibt einen extra Staff Bus, der jeden Morgen das Krankenhaus in der Stadt einsammelt und jeden Mittag kostenloses Mittagessen (natuerlich ohne Besteck), das zwar weig abwechslungsreich, aber ansonsten echt geniessbar ist.

Meinen Kittel konnte ich wieder in den Koffer packen, weil die meisten Aerzt*innen in ihren normalen Klamotten (Hemd, Bluse, Gewand) auf Station arbeiten, nur selten sieht man hier Weisskittel herumlaufen.

Medizinstudium
Das System der medizinischen Ausbildung ist so wie in Suedafrika: 5 Jahre Medical School (auf Englisch), dann ein Jahr Internship, bei dem man unterbezahlt je 3 Monate auf verschiedenen Stationen arbeitet und ca. einmal die Woche 24h-Schicht (on call) hat. Danach arbeitet man als Registra, dort, wo man einen Job bekommt (nicht unbedingt in dem Fachbereich, in dem man sich mal spezialisieren will). Den Facharzt erlangt man in einem Master-Prorgamm, bei dem man noch mal Vorlesungen etc. hat. Die Muhimbili-Universitaet in Dar Es Salaam ist die einzige staatliche medizinische Uni in Tanzania. Es gibt aber noch einige private medical schools.

Mittwoch, 7. August 2013

Chakula chakula - Essen in Tanzania

Gegessen wird meist natuerlich mit den Fingern. Einen Loeffel gibt es nur bei Suppe und ab und zu bei Reis - dafuer gibt es aber auch in jedem Restaurant die Moeglichkeit sich vor und nach dem Essen die Haende zu waschen. Agatha hat immer mit viel Fett gekocht und ich glaube, das ist generell weit verbreitet. Oft schmeckt es weniger suess, dafuer fettiger als bei uns.
Agathas Küche:


Fruehstueck
In den meisten Hostels/Hotels gab es morgens Toastbrot mit Magarine und evtl. Marmelade, dazu haeufig Obst und schwarzen Tee (mit oder ohne Milch) oder Instant-Kaffee. Manchmal gab es auch Omelette.
Bei Agatha habe ich allerdings auch haeufiger Mal das Abendessen vom letzten Tag zum Fruehstueck bekommen ;) das ist wirklich gewoehungsbeduerftig. Sonst esse ich immer Chapati (lecker :) siehe unten) mit Obst und Chai (schwarzer Tee).
Pilau kochen


Mittag-/Abendessen
Meistens kann man zwischen Reis, Ugali (aus Reismehl) und Pommes (Chipsi) zusammen mit Fleisch (nyama), Huehnchen (kuku), Fisch (samaki) oder nur mit Sosse waehlen. Dazu gabs meistens Spinat, Bohnen, Kasawa oder ein anderes Gemuese und ein bisschen Salat, der meist aus Krautsalat (kabichi) besteht.
Ansonsten gibt es Chapati (eine Art Pfannenkuchen/Fladenbrot), Kartoffeln, Mshkaki (Fleischspiesse) etc...
Gebratene Banane schmeckt aehnlich wie Kartoffel und wird dementsprechend manchmal zum Fleisch gekocht oder gegrillt gereicht.
Dazu gibt es eigentlich immer Tomatensosse (= waessriges Ketchup) und Chili-Sosse (pili pili).

Als Snack zwischendurch haben sich auch hier die indischen/arabischen Sambusa/Samosa (Blaetterteigtaschen mit Gemuese oder Hackfleisch) durchgesetzt. Es gibt aber auch immer mehr Baeckereien, die z.B. Donuts (weniger suess als unsere, dafuer fettiger) oder Chapati verkaufen.

Ich beschreibe hier natuerlich nur wie ich Essen bei Afrikaner*innen kennen gelernt habe. Geht man in touristischeren oder reicheren Gegenden Essen, bekommt man auch Pizza, Salat und andere europaische Speisen aufgetischt - und auch meist Besteck dazu ;)
Ugali